Die Filmstarts-Kritik zu Burn after Reading - Wer verbrennt sich hier die Finger? (2024)

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Burn after Reading - Wer verbrennt sich hier die Finger?

Kritik der FILMSTARTS-Redaktion

4,0

stark

Burn after Reading - Wer verbrennt sich hier die Finger?

Von Björn Helbig

In ihrer rabenschwarzen Screwball-Comedy „Burn After Reading“ nehmen Regisseur Joel und Drehbuchautor Ethan Coen zwei dusselige Erpresser auf die Schippe. Und den ganzen CIA-Apparat in Washington D.C. gleich mit dazu. Die wahnwitzige Geschichte um eine in einem Fitnessstudio gefundene CD mit geheimen CIA-Daten fügt dem Oeuvre der Coen-Brüder zwar keine neuen Facetten hinzu, zeigt sich aber in gewohnt guter Qualität und wartet darüber hinaus mit einer absoluten Starbesetzung auf.

Der CIA-Balkanexperte Osborne Cox (John Malkovich) wird wegen seines Alkoholproblems suspendiert. Frustriert beschließt er, seine Memoiren zu schreiben. Seiner Frau Katie (Tilda Swinton), die eine Affäre mit dem langjährigen Hausfreund Harry Pfarrer (George Clooney) hat, gefällt das gar nicht. Sie fürchtet, dass ihr Mann ihr fortan auf der Tasche liegen könnte. Um für eine mögliche Scheidung gewappnet zu sein, brennt sie die privaten Daten vom Computer ihres Mannes auf eine CD. Die Situation verkompliziert sich, als diese in der Umkleidekabine eines Fitnessstudios gefunden wird. Die Angestellten des Studios, der prollige Chad Feldheimer (Brad Pitt) und seine Kollegin Lina Litzke (Frances McDormand), die auf vier Schönheits-OPs spart, kommen auf die glorreiche Idee, die vermeintlich brisanten Daten zu Geld zu machen…

„Osbourne Cox? I thought you might be worried... about the security... of your shit.” – Chad, der Erpresser

„Burn After Reading“ beginnt etwas schleppend. Die vielen losen Handlungsfäden verwirren anfangs und es dauert ein wenig, bis sich der Zuschauer an die Eigenheiten der Figuren und deren charakteristischen Äußerungen gewöhnt hat. So zünden Harrys „Well, hello!“ und Cox’ „What the fuck...?“ als Running Gags erst nach einer gewissen Eingewöhnungszeit. Doch ehe man sich versieht, wird man in einem Wahnsinnstempo in die absurd-abenteuerliche Geschichte hineingezogen. Die für die Coens typischen skurrilen Charaktere sind diesmal besonders schön überzeichnet. „Der Film spielt zwar in Washington, aber im Fokus steht eine Gruppe erschreckend dummer Leute, die erschreckend dumme Sachen machen“, fasst George Clooney den Charakter des Films und seiner Protagonisten zusammen. Clooney, der schon in „O Brother, Where Art Thou?“ und Ein (un)möglicher Härtefall mit den Coens zusammengearbeitet hat, nimmt sich seines Images als Frauenschwarm sehr selbstironisch an. Harry, ein Ex-Personenschützer, der sich nun als Beamter im Finanzministerium behaglich eingerichtet hat, führt nur auf den ersten Blick eine normale Ehe mit einer Kinderbuchautorin. Der zutiefst paranoide Schürzenjäger und Erfinder kann einfach nicht ohne andere Frauen... Clooney geht seine Rolle mit viel Augenwinkern an und überzeugt auf der ganzen Linie. Übertroffen wird er in Sachen Selbstironie nur von Brad Pitt (Babel, Sieben): „Ich hatte nicht erwartet, dass meine Figur ein solcher Hohlkopf sein würde…“, äußert sich der ehemals sexiest man alive über seine herrlich übertriebene Rolle. Er spielt den Fitnesstrainer und grenzdebilen Amateurerpresser Chad Feldheimer. Clooney und Pitt sind wie immer ein gutes Team.

Auch wenn die beiden (sie begegnen sich im Film nur einmal kurz) die Zugpferde des Films sind, stehen ihnen die anderen Schauspieler doch in nichts nach. John Malkovich (Being John Malkovich, Gefährliche Liebschaften) hat als Osborne Cox einige der lustigsten Szenen auf seiner Seite. Wie immer wunderbar: Frances McDormand ([Wonder Boys]]), die Ehefrau von Joel Coen, die schon seit dem Coen-Debüt „Blood Simple“ immer wieder in Produktionen des Brüderpaares („The Man Who Wasn´t There“, Fargo, Arizona Junior) mitgewirkt hat. Hier spielt sie Lina Litzke, eine Frau, die für Schönheits-OPs alles tun würde. Auch Tilda Swinton, die kürzlich den Oscar als Beste Nebendarstellerin für ihren Auftritt in Michael Clayton erhielt, gelingt die Selbstparodie. Sie ist als Katie Cox noch eisiger als gewöhnlich. Und dann gibt es noch ein ganz besonderes Bonbon. Die Szenen mit den beiden CIA-Agenten, gespielt von David „Sledge Hammer“ Rasche (Voll verheiratet, Girl In The Park) und J.K. Simmons (Spider-Man-Trilogie), sind einfach grandios komisch.

„Report back to me when… it makes sense.” – ein hohes Tier bei der CIA

Die Idee für „Burn After Reading“ kam den Coens übrigens, als sie sich mögliche Rollen für ihre Lieblingsschauspieler wie Frances McDormand, George Clooney und Richard Jenkins ausdachten. Das Konzept geht auf. Die Stars machen sich im Film zum Deppen – und das ist gut so. Das Drehbuch entstand ungefähr zur selben Zeit wie das zu No Country For Old Men. Die Coens sind ja bekannt dafür, dass sie bereits während des Drehbuchschreibens ihren Film in allen Einzelheiten planen, so dass am Ende stets der gewünschte Eindruck herausspringt. Ihre Markenzeichen - der schwarze Humor, die verspielte Geschichte, eine elegante Inszenierung, zahlreiche versteckte Hinweise auf andere Filme und die Tatsache, dass sie ihre Werke stets einem bestimmten Bundesstaat der USA (hier Washington D.C.) widmen und dessen besondere Stimmung auffangen – lassen sich auch in „Burn After Reading“ allesamt wiederfinden.

Dass der Film dennoch nicht ganz oben in der Filmographie der Coens rangiert und ein Stück hinter Meisterwerken wie Fargo, The Big Lebowski oder auch „Barton Fink” zurücksteht, liegt vor allem daran, dass sie in ihrem mittlerweile 13. Langfilm etwas zu sehr nach ihrem üblichen Schema vorgehen. Alle Zutaten ihres Erfolgsrezepts sind erneut vorhanden, doch es lässt sich der Eindruck nicht abschütteln, dass dem Film eine gewisse Routine anhaftet. Die Coens sind in der Tat zwei begnadete Filmemacher und „Burn After Reading“ ist ein weiterer bösartig-witziger Trip in ihre verquere Welt. Doch sie müssen auch aufpassen, dass sie sich – bei aller Kreativität – nicht selbst ständig wiederholen. Dass sie auch überraschen können, haben sie ja mit ihrem vorherigen, vierfach Oscar-gekrönten Werk „No Country for Old Men“ gezeigt. „Burn After Reading“ kann da nicht ganz mithalten. „In the end, the movie doesn't add up too much, but it's fast and funny and let´s a bunch of top-drawer actors exercise their comic muscles.”, schrieb Walter Addiego im San Francisco Chronicle treffend über den Film, der tatsächlich wie eine Lockerungsübung zwischen zwei Goldmedaillen wirkt. Der nächste Coen, A Serious Man, kommt voraussichtlich schon 2009 in die Kinos.

Fazit: Joel und Ethan Coen zeigen auch mit „Burn After Reading“, dass sie zu den begabtesten Filmemachern ihrer Generation gehören. Auch wenn ihre sarkastische Agentenfarce nicht an ihre allerbesten Filme heranreicht, ist ihnen doch wieder ein starker Film gelungen, in dem sich der illustre Cast mal so richtig austoben kann.

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